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Exekutive Funktionen

Zitiervorschlag: Gingelmaier, S. & Brandstetter, R. (2022). „Exekutive Funktionen“. Abgerufen von URL: https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:verhalten:theorien_verhalten:exekutive_funktionen, CC BY-SA 4.0

KurzbeschreibungExekutive Funktionen stehen in den mentalen Funktionen als Sammelbegriff für Mechanismen der Kontrolle und der Regulation. Diese Mechanismen versetzen Menschen in die Lage, ziel- und situationsorientiert zu handeln. So sind exekutive Funktionen als mentale Prozesse höherer Ordnung zu verstehen, die dann wichtig sind, wenn Handlungen geplant oder Ziele über mehrere Schritte verfolgt und auf das Gelingen überprüft werden sollen.
Wesentliche exekutive Kompetenzen sind z.B. die Fähigkeit, Problemlöseprozesse zu initiieren, ablenkende Reize in ihrer Wirksamkeit zu hemmen, relevante Handlungsziele auszuwählen, die Anpassung der Lösungsstrategien an die jeweilige Situation vorzunehmen, das eigene Vorgehen fortlaufend zu beobachten und den Erfolg der eigenen Handlung zu bewerten.
Zu den exekutiven Funktionen zählen also das Arbeitsgedächtnis, die Inhibition und die kognitive Flexibilität.
Das Arbeitsgedächtnis hat eine begrenzte Speicherkapazität von etwa fünf bis sieben Elementen (z.B. einzelne Wörter, Objekte, Ziffern). Diese Informationen können nur über einen Zeitraum von wenigen Sekunden aufrechterhalten werden. So speichert das Arbeitsgedächtnis kurzfristig Informationen, die für weitere Operationen relevant sind. Ein gut funktionierendes Arbeitsgedächtnis macht es möglich, sich an eigene Handlungspläne oder Instruktionen anderer Personen besser zu erinnern, wodurch Handlungsalternativen verstärkt berücksichtigt werden können. Zur Vertiefung lohnt sich ein Blick auf das Modell des Arbeitsgedächtnisses nach Baddeley und dessen Verknüpfung zu den CHC-Faktoren.
Die Inhibition bezeichnet die Fähigkeit Verhalten zu hemmen, um etwas trotz bestehender Impulse nicht zu tun oder sich nicht ablenken zu lassen. Dabei werden diejenigen Aktivitäten oder Handlungen vermieden, die einem angestrebten Ziel entgegenstehen. Die Aufmerksamkeit und das Verhalten können durch eine gut funktionierende Inhibition gesteuert werden und lassen sich dadurch weniger von äußeren Bedingungen, den eigenen Emotionen oder fest verankerten Verhaltensweisen beeinflussen. Mit einer guten Inhibition fällt die gezielte Aufmerksamkeitslenkung leichter und Störreize können besser ausgeblendet werden. Dadurch wird zielgerichtetes Handeln unterstützt.
Die Kognitive Flexibilität baut auf dem Arbeitsgedächtnis und der Inhibition auf und ermöglicht so, sich auf neue Anforderungen schnell einstellen zu können. Sie beschreibt die Fähigkeit, Situationen und Personen aus anderen Perspektiven zu betrachten und die Perspektiven zu wechseln. Eine gut ausgebildete kognitive Flexibilität hilft, offen zu sein für die Argumente anderer, aus Fehlern zu lernen und sich auf neue Lebenssituationen und Arbeitsanforderungen schneller und besser einzustellen.
Wie kann die Theorie beim Erklären von Verhalten helfen?Exekutive Funktionen werden als eine wichtige Voraussetzung für logisches Denken und die Fähigkeit zum Problemlösen identifiziert. Sie hängen von einem neuronalen Schaltkreis ab, bei dem hirnphysiologisch der präfrontale Kortex (PFC) eine wichtige Rolle spielt und können durch Schädigungen oder Dysfunktionen des PFC beeinträchtigt werden. Sie sind von entscheidender Bedeutung für psychische Gesundheit, schulische Leistungen und generell „Erfolg“ im Leben. Es wird eine große Nähe zu ADHS-Symptomatiken gesehen. (vgl. Diamond, 2014)
GrenzenDie Exekutiven Funktionen werden als ein neuro-kognitives und damit stark biologisches Modell konzipiert. Biografische, bindungs-und beziehungsbasierte, affektive, öko-systemische, implizite oder trauma-induzierte Verursachungshintergründe werden höchstens peripher berücksichtigt.
Diagnostische Fragen im
Zusammenhang mit der Theorie
Können Schwierigkeiten in der inhibitorischen Kontrolle, dem Arbeitsgedächtnis und der kognitiven Flexibilität oder einer Kombination daraus festgestellt werden?
Konkrete diagnostische Methoden im
Zusammenhang mit der Theorie
- Brief-P: Verhaltensinventar zur Beurteilung exekutiver Funktionen für das Kindergartenalter
- Brief: Verhaltensinventar zur Beurteilung exekutiver Funktionen
- Arbeitsgedächtnistestbatterie für Kinder von 5 bis 12 Jahren
Impulse für die Gestaltung individueller BildungsangeboteAkute Interventionen
Diamond & Lee (2014) zeigen fünf wissenschaftlich überprüfte Ansätze zur Förderung von Exekutiven Funktionen auf: 1. Combuterbasierte Trainings 2. Mischung aus Computerspielen und computerlosen Spielen 3. Aerobe Ausdauerbelastungen 4. Kampfkunst und Achtsamkeitstraining 5. Spezielle Curricula wie Tools oft the Mind oder Promoting Alternative Thinking Strategies, Head-Strat-Programm, Chicago School Readiness Project.
Längerfristige Interventionen
- Berner Material zur Förderung exekutiver Funktionen: Nele und Noa im Regenwald
- Schlau, aber …Kindern helfen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln durch Stärkung der Exekutivfunktionen Mit praktischen Tipps und Übungen
- EMIL: Alles im Griff! – Wie Kinder lernen, ihre Gefühle zu regulieren! Stärkung sozial-emotionaler Kompetenz und Resilienz im Kindergarten
- FEX, Förderung exekutiver Funktionen
Formelle Trainings
- FEX, Förderung exekutiver Funktionen, Grundschulalter, ZNL, Uni Ulm
- EMIL, Emotionen regulieren lernen, Vorschulalter, ZNL, Uni Ulm

Literatur

Diamond, A. (2014). Biologische und soziale Einflüsse auf kognitive Kontrollprozesse, die vom präfrontalen Kortex abhängen. In S. Kubesch (Hrsg.), Exekutive Funktionen und Selbstregulation. Neurowissenschaftliche Grundlagen und Transfer in die Praxis. (S. 19-39). Bern: Hans Huber.

Diamond, A. & Lee, K. (2014). Interventionen, die sich bei der Entwicklung exekutiver Funktionen bei 4- bis 12-jährigen Kindern als hilfreich erwiesen haben. In S. Kubesch (Hrsg.), Exekutive Funktionen und Selbstregulation. Neurowissenschaftliche Grundlagen und Transfer in die Praxis. (S. 145-161). Bern: Hans Huber.

Eberhart, J. (2014). Pädagogische Konzepte zur Förderung der exekutiven Funktionen und der Selbstregulation von Kindern und Jugendlichen. In S. Kubesch (Hrsg.), Exekutive Funktionen und Selbstregulation. Neurowissenschaftliche Grundlagen und Transfer in die Praxis. (S. 213-212). Bern: Hans Huber.

Kubesch, S (2014). Exekutive Funktionen und Selbstregulation; Bern: Verlag Hans Huber

Snyder, M. (1987). Public appearances, private realities: The psychology of self-monitoring. New York: Freeman

Vrban, R. & Severin, R. et al (2014). Exekutive Funktionen bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt Lernen; in: Zeitschrift für Heilpädagogik; 3/2014

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Layout und Gestaltung: Christian Albrecht, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg

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