Benutzer-Werkzeuge

Webseiten-Werkzeuge


wsd:diagn_methoden_teilhabe:start

Diagnostische Methoden - Teilhabe

Zitiervorschlag: Albrecht, C. (2021). „Diagnostische Methoden - Teilhabe“. Abgerufen von URL:https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:diagn_methoden_teilhabe:start|, CC BY-SA 4.0

Das im Folgenden beschriebene Partizipationsmodell soll die Nutzer:innen der WSD darin unterstützen, die für die Teilhabe eines Kindes oder einer:eines Jugendlichen relevanten Gelegenheits- und Zugangsbarrieren diagnostisch zu erfassen.

Hierbei orientiert es sich am klassischen Partizipationsmodell von Beukelman und Mirenda. In diesem werden fünf verschiedene Formen von Gelegenheitsbarrieren unterschieden: politische Barrieren, Praxisbarrieren, Wissensbarrieren, Einstellungsbarrieren und Fertigkeitsbarrieren. Der Fokus des gesamten Modells liegt darauf, die Partizipation in den Aktivitäten zu erreichen, die das Individuum als bedeutsam und interessant empfindet.

In Erweiterung dieses Modells kommt die Systematik des bio-psycho-spzialen Modells der ICF-CY im Modell der WSD zur Strukturierung und kategorialen Ordnung zur Anwendung. Daher werden die Gelegenheitsbarrieren als allgemeine Umweltfaktoren den Externalen Faktoren zugeordnet. Diese werden in den Zugangsbarrieren um Umweltfaktoren des direkten Umfelds und personbezogene Faktoren sowie Barrieren in den Aktivitäten ergänzt.


Partizipationsmodell unter Berücksichtigung des bio-psycho-sozialen Modells der ICF-CY

Zitiervorschlag: Grafik „Partizipationsmodell unter Berücksichtigung des bio-psycho-sozialen Modells der ICF-CY“ von Albrecht, C. (2021) nach Beukelman & Mirenda (1998). Abgerufen von URL: https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:diagn_methoden_teilhabe:start#partizipationsmodell|, CC BY-SA 4.0


Kurzdarstellung

NamePartizipationsmodell
Autor:innen Albrecht, C. nach Beukelman, D. & Mirenda, P.
Aktuelle Auflage 2021
Testkategorie Informelles Verfahren
Zielgruppe Alle Altersstufen
Anwendungsbereiche Das Partizipationsmodell enthält einen systematischen, mehrphasigen Diagnostik- und Interventionsprozess. Dieser kann in verschiedenen Aktivitätsbereichen angewandt werden. Im Ursprung bezieht sich das Modell auf den Bereich Kommunikation. Ziel ist es, Partizipation in ausgewählten Alltagssituationen zu erweitern. Mit Hilfe des Partizipationsmodells sollen die für eine erfolgreiche Teilhabe hinderlichen Barrieren identifiziert werden, und zwar nicht nur hinsichtlich der Kompetenz der Betroffenen, sondern auch in Bezug auf die Kompetenzen der Bezugspersonen und in Bezug auf weitere, äußere Faktoren (Umweltfaktoren).
Theoretische Grundlagen Bio-psycho-soziales Modell der ICF-CY, Partizipationsmodell
Zugangsfertigkeiten Keine
Kurzdarstellung des Instruments Im Partizipationsmodell wird von der Notwendigkeit einer kontinuierlichen Diagnostik, d.h. einer immer wiederkehrenden Einschätzung der Bedürfnisse, Kompetenzen und Einschränkungen der Betroffenen und ihrer Umwelt ausgegangen.
Folgende Phasen sind hierbei handlungsleitend:
- Erste Phase: Gegenwart
- Zweite Phase: Zukunft
- Dritte Phase: Follow-Up
Erfahrungen aus der Ausbildungspraxis Das Modell eignet sich besonders gut zur Erfassung von Gelegenheits- und Alltagsbarrieren

Phasen und Handlungsschritte des Partizipationsmodells unter Einbezug der ICF-CY

Das Partizipationsmodell ist als ein zirkuläres Modell mit einer festen Schrittreihenfolge zu verstehen. Diese sind im Sinne einer kontinuierlichen, mehrphasigen Diagnostik immer wiederkehrend durchzuführen, um so eine möglichst aktuelle Einschätzung der Bedürfnisse, Kompetenzen und Barrieren zu erhalten.

Handlungsleitende Phasen

Erste Phase: GegenwartHier werden die aktuellen Bedarfe eruiert sowie die individuellen Aktivitäten in verschiedenen relevanten Bereichen erhoben. Ziel dieser Phase ist es, Informationen zu sammeln, so dass ein erstes Bildungsangebot kooperativ entwickelt werden kann, welches eine Aktivitätserweiterung und Partizipation in der aktuellen Situation ermöglicht.
Zweite Phase: ZukunftZiel in dieser Phase ist es zukünftige Bedarfe in verschiedenen Lebensbereichen (Schule, Arbeit, Freizeit etc.) zu eruieren. Es geht darum ein vielseitiges und zukunftsbezogenes Konzept zu entwickeln.
Dritte Phase: Follow-UpEine Überprüfung und Aktualisierung des in den ersten beiden Phasen entwickelten Systems soll sichern, dass eine Anpassung an die Lebensumstände und Fähigkeiten des Kindes/der:des Jugendlichen erfolgt. Bei Menschen mit fortschreitenden Erkrankungen bzw. mit gravierenden Veränderungen ihrer Lebensumstände und/oder Interessen nimmt diese Phase einen erheblichen Umfang an.

Handlungsschritte

1 Aktivitätenliste erstellen (Partizipationsmuster identifizieren)Um herauszufinden, in welchen Bereichen eine Aktivität (z.B. Lesen/ Schreiben) erweitert werden soll, erstellt man zuerst eine Aktivitätenliste, also notiert, bei welchen Aktivitäten die Partizipation eines Individuums täglich gefragt ist. Diese Orientierung an der Lebenswirklichkeit der Betroffenen erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Angebote an individuell bedeutsamen Bereichen des Alltags anknüpfen und wirksam werden und somit subjektiv als sinnvoll und effektiv empfunden werden.
2 Partizipation einschätzen und Vergleich anstellen (Partizipationsmuster identifizieren)Anschließend werden die Partizipation des Individuums mit den Partizipationsmöglichkeiten der Gleichaltrigen (z.B. Mitschüler:innen) bzw. der Bezugsgruppe (z.B. Arbeitskolleg:innen) bei den aufgelisteten Aktivitäten eingeschätzt. Anschließend sollen die Möglichkeiten der Beteiligung durch die betreffende Person festgehalten und ein Vergleich angestellt werden, der mögliche Diskrepanzen sichtbar macht.
3 Barrieren beschreibenIm nächsten Schritt geht es darum herauszufinden, welche Barrieren oder Hindernisse einer erfolgreichen Partizipation im Wege stehen könnten. Bei bereits begonnenen Maßnahmen kann durch die Identifikation von Barrieren herausgefunden werden, an welchem Punkt zusätzliche Interventionen notwendig werden. Fehlende Teilhabe kann durch zwei Arten von Barrieren erklärt werden: Zugangsbarrieren und Gelegenheitsbarrieren.
3a Zugangsbarrieren beschreibenDie Zugangsbarrieren ergeben sich vorwiegend aus den aktuellen Fähigkeiten des Betroffenen selbst und dessen unmittelbarem Umfeld. Z.B. könnte das schulische Angebot nicht angemessen sein, sodass das Individuum nicht zielorientiert handeln kann. Es gilt hier Veränderungsmöglichkeiten zu definieren. Im Sinne einer bio-psycho-sozialen Sicht sind hier internale Faktoren (personbezogene Faktoren, Aktivitäten) und externale (Umweltfaktoren auf das direkte Umfeld bezogen) gemeint.
3b Gelegenheitsbarrieren beschreibenAls Gelegenheitsbarrieren werden hemmende Umweltfaktoren bezeichnet. Unter Gelegenheitsbarrieren sind folgende gemeint: politische, strukturell/ institutionelle Barrieren, individuelle Barrieren (Einstellungen), Wissensbarrieren, Fähigkeiten der umgebenden Personen. Es muss also umfassende Maßnahmen geben gegenwärtige oder potentielle Gelegenheitsbarrieren abzuklären und Interventionen abzuleiten. Im Sinne einer bio-psycho-sozialen Sicht sind hier externale Faktoren (allgemeinere Umweltfaktoren) gemeint.
4 Interventionsideen/ MaßnahmenAuf der Basis der erhobenen Daten lässt sich nun ein Bildungsangebot ableiten. Wurde z.B. im Bereich der Zugangsbarrieren deutlich, dass eine ablehnende Haltung im sozialen Umfeld gegenüber einer Maßnahme besteht, so muss auch Überzeugungs- und Informationsarbeit geleistet werden.
5 Beurteilung der MaßnahmenIm letzten Schritt wird dann überprüft, ob die eingeleiteten Maßnahmen wirkungsvoll sind, d.h. ob sie im Alltag tatsächlich zu einer verstärkten Partizipation der betroffenen Person führen konnten. Das Partizipationsmodell geht von einem kontinuierlichen Prozess aus, d.h. das einmal Erreichte darf nie zum Stillstand verführen, sondern muss ständig überprüft und angepasst werden. Dies kann als Leistungsfeststellung gesehen werden.

Literatur

Beukelman, D. R. & Mirenda, P. (1998). Augmentative and Alternative Communication. Management of Severe Communication Disorders in Children and Adults (2. Aufl.). Baltimore: Paul H. Brookes Publishing Co.

Lienhard, P. & Joller-Graf, K. (2011). Rezeptbuch schulische Integration: Auf dem Weg zu einer inklusiven Schule. Bern: Haupt-Verlag.


Layout und Gestaltung: Christian Albrecht, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg

wsd/diagn_methoden_teilhabe/start.txt · Zuletzt geändert: 2024/04/09 15:21 von Romina Rauner