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Stufenmodell des erweiterten Lesens nach Koch
Zitiervorschlag: Albrecht, C., Frindt, I. & Gischas, B. (2021): „Stufenmodell des erweiterten Lesens nach Koch.“ Abgerufen von URL: https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:lesen_schreiben:koch, CC BY-SA 4.0
Unter den erweiterten Lesebegriff fasst man nach Hublow (1985) das Wahrnehmen, Deuten und Verstehen von bildhaften und symbolhaften oder abstrakten Zeichen und Signalen, die sprachfrei oder sprachgebunden sein können. Dieser Grundgedanke wurde von Koch (2008) in Anlehnung an das Stufenmodell des Schriftspracherwerbs von Günther (1995) in einem Modell des erweiterten Lesens revidiert.
Das Stufenmodell des erweiterten Lesens ist als hierarchische Entwicklung zu verstehen. Koch geht von acht Stufen des Lesens aus und erweitert das Modell von Günther insbesondere durch eine differezierte Betrachtung der präliteral-symbolischen Stufe. Er unterscheidet zwischen Lesen im weiteren und Lesen im engeren Sinne.
Als erster wesentlicher Meilenstein gilt das Verständnis der semiotischen Funktion. Auch Koch geht davon aus, dass das Kind dazu Objektpermanenz, Erkennen von Mittel-Zweck-Beziehungen und verzögerte Nachahmung entwickeln muss. Diese Grundlagen des Lesens im weiteren Sinne sind im Modell als Stufe 0 abgebildet.
Das Lesen im weiteren Sinne umfasst die Stufen 1 bis 4. Zwischen Stufe 1 und Stufe 2 sieht Koch eine Art Barriere, die überwunden werden muss. Die beiden ersten Stufen befinden sich aber auf dem gleichen Niveau der Leseentwicklung. Beim Lesen im weiteren Sinne erhöht sich die Schwierigkeit durch eine abnehmende Ähnlichkeit der Darstellung des bezeichneten Objektes. Die Stufen 3 und 4 stellen eine Art Treppenfunktion von Stufe 2 zur Stufe 5 und damit vom Lesen im weiteren Sinne zum Lesen im engeren Sinne dar. Der Bereich des Lesens im weiteren Sinne umfasst die präliteral-symbolische und die logographemische Stufe nach Günther. In Stufe 3 und 4 geht Koch aber im Unterschied zu Günther differenzierter auf Phonologische Bewusstheit und Buchstabenkenntnis ein.
Der Bereich des Lesens im engeren Sinne unfasst bei Koch die Stufen 5 bis 8. Hier unterscheidet er im Gegensatz zu Günther weniger differenziert und legt die Stufen eher nach beobachtbaren Fertigkeiten der Kinder und Jugendlichen fest.
Stufenmodell des erweiterten Lesens
Zitiervorschlag: Grafik „Stufenmodell des erweiterten Lesens“ von Albrecht, C. (2021) nach Koch, A. (2008). Abgerufen von URL: https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:wsd:lesen_schreiben:koch#stufenmodell_des_erweiterten_lesens, CC BY-SA 4.0
Stufen des Lesens nach Koch
Lesen im weiteren Sinne
- Stufe 1: Lesen von gegenstandsähnlichen Abbildungen
- Stufe 2: Lesen von Symbolen und Ganzwörtern
- Stufe 3: Phonologische Bewusstheit
- Stufe 3.1: Silbensegmentation
- Stufe 3.2: Anlauterkennen
- Stufe 4: Buchstabenkenntnis
Lesen im engeren Sinne
- Stufe 5: Rekodieren von Pseudowörtern
- Stufe 6: Leseverständnis auf Wortebene
- Stufe 7: Leseverständnis auf Satzebene
- Stufe 8: Leseverständnis auf Textebene
Literatur
Hublow, C. et al. (1978). Lesenlernen mit Geistigbehinderten. Zeitschrift für Heilpädagogik, 29/1, 23-28.
Hublow, C. (1985). Lebensbezogenes Lesenlernen bei geistig behinderten Schülern. Geistige Behinderung, 24/2, Praxisteil.
Hublow, C. (1977). Lesenlernen – ein heißes Eisen? Lebenshilfe 16/4, 200-210.
Koch, A. (2008). Die Kulturtechnik Lesen im Unterricht für Schüler mit geistiger Behinderung: Lesen lernen ohne Phonologische Bewusstheit?. Gießen: Justus-Liebig-Universität Gießen. Verfügbar unter: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2008/6247/.
Ratz, C. (2013). Zur aktuellen Diskussion und Relevanz des erweiterten Lesebegriffs. Empirische Sonderpädagogik 4, 343-360.
Thamm, J. (1999). Fachdidaktische Grundlagen. In Schurad, H., Schumacher W., Stabenau, I. & Thamm, J. (Hrsg.), Curriculum Lesen und Schreiben für den Unterricht an Schulen für Geistig- und Körperbehinderte (S. 43-69). Oberhausen: Athena