wsd:verhalten:theorien_verhalten:emotionen
Entstehung von Emotionen
Zitiervorschlag: Gingelmaier, S., Annecke, L. (2020). „Entstehung von Emotionen“. Abgerufen von URL https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:verhalten:theorien_verhalten:emotionen, CC BY-SA 4.0
Kurzbeschreibung | Emotionen sind „gekennzeichnet durch neuronale und körperliche Reaktionen, subjektive Gefühle, mit diesen Gefühlen zusammenhängende Kognitionen und der Motivation zu handeln.“ (Siegler, Eisenberg, De Loache & Saffran, 2016, S. 355). In der Forschung gibt es viele verschiedene Einteilungen der Emotionstheorien. Je nach Autor:in wird in vier bis elf verschiedene Theorieansätze differenziert. Die einzelnen Ansätze werden dabei aufgrund ihrer Wurzeln unterschiedlicher Traditionen zugeordnet (Traue & Kessler, 2003). So gibt es zum Beispiel evolutionstheoretische, psychoanalytisch, lerntheoretische und soziokulturelle Ansätze. Daraus lassen sich drei weitere Theorien ableiten: 1. Die Theorie der diskreten Emotionen beziehungsweise Basisemotionen, 2. der funktionalistische Ansatz sowie 3. die Theorie nicht abgegrenzter Emotionen bei Geburt. Alle drei Theorien gehen davon aus, dass Kognition und Erfahrung die emotionale Entwicklung formen (Siegler, Eisenberg, De Loache & Saffran, 2016). 1. Theorie der diskreten Emotionen/ Basisemotionen - Angeboren - Eindeutige körperliche und mimische Reaktionen - Schon in frühster Kindheit unterscheidbar 2. funktionalistischer Ansatz - Emotionen ermöglichen zielgerichtetes Handeln - Sind nicht voneinander abgegrenzt und variieren in Abhängigkeit von der Umwelt 3. Theorie nicht abgegrenzter Emotionen bei Geburt - Bei Geburt nicht abgegrenzt - Drei grundlegende Affektsysteme: Freude/Vergnügen, Wut/Frustration, Misstrauen/Angst - Weiterentwicklung von primitiven zu komplexeren Formen (Siegler, Eisenberg, De Loache & Saffran, 2016, S. 355f) |
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Wie kann die Theorie beim Erklären von Verhalten helfen? | 1. Es wird davon ausgegangen, dass die Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten als individuelle Voraussetzung (TF4) mit (Basis)Emotionen verknüpft ist (zugrunde liegende Gefühle von Angst und Ohnmacht können z.B. entweder zu Rückzug und gehemmten Verhalten und/oder zu sozialer Kontrolle und aggressivem Verhalten führen). 2. Verhaltensauffälligkeiten sind oftmals das Resultat von verletzten, unbefriedigten, überforderten, missbrauchten, beschämten, nicht ausgelebten, verhinderten usw. Emotionen (s. Schmerzbasiertes Verhalten) z.B. TF1 der biografischen Entwicklung. 3. Dabei spielen sowohl reale (zwischenmenschliche) Erfahrungen wie auch innerpsychische Verarbeitungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle z.B. aus dem TF2 Familiendynamik resultierend. 4. Das Erkennen von Emotionen ist die Grundlage der Emotionsregulation. 5. Das Erkennen von eigenen und fremden Emotionen ist bei jungen Menschen, die Verhaltensauffälligkeiten zeigen z.B. aus ihrer biografischen Entwicklung (TF1), grundlegend erschwert. 6. Dies erschwert die Fähigkeit, Emotionen angemessen zu regulieren (s. Emotionsregulation). |
Grenzen | Emotionen sind nie direkt sichtbar, deswegen sollte vorsichtig, offen und in Abstimmung vorgegangen werden. Es bleibt aber eine (lohnende) Interpretation, Handeln und Empfinden in Zusammenhang mit darunter liegenden Emotionen zu bringen. |
Diagnostische Fragestellungen im Zusammenhang mit der Theorie | - Welche Emotionen zeigt der junge Mensch (direkt)? - Wann zeigt der junge Mensch diese Emotionen (sind sie z.B. situationsangemessen?) - Welche Emotionen könnten dem gezeigten Verhalten (indirekt oder direkt) aus welchen Gründen zugrunde liegen? z.B. kann Angst ängstlich oder aggressiv machen |
Konkrete diagnostische Methoden im Zusammenhang mit der Theorie | Für die konkrete Diagnostik werden vor allem informelle Beobachtungen von Emotionen bzw. Emotionsdynamiken von sozialen Interaktionen (Unterricht, Pause) und Lernsituationen empfohlen. Darüber hinaus können zur (Eingangs)Hypothesenbildung projektive Verfahren eingesetzt werden. An formellen Verfahren sind je nach Fragestellung z.B. vorstellbar: - FEES 1-2 (1.u. 2. Klasse) - FEES 3-4 (3. u. 4 Klasse) - EMO-KJ (5-16 Jahre) - SEED (bei geistiger Behinderung) - ESV 3-6 (Vorschulbereich) - EKF (Jugendliche) - SEE (Jugendliche) |
Impulse für die Gestaltung individueller Bildungsangebote | siehe Emotions-/ Affektregulation |
Literatur
Traue, C. T. & Kessler, H. (2003). Psychologische Emotionskonzepte. In Stephan, A. & Walter, H. (Hrsg.). Natur und Theorie der Emotionen (S. 20-33). Paderborn: Mentis Verlag.
Siegler, R., Eisenberg, N., De Loache, J., Saffran, J. & Pauen, S. (Hrsg. deutsche Auflage). (2016). Entwicklungspsychologie im Kindes- und Jugendalter (4. Aufl.). Berlin, Heidelberg: Springer Verlag. .
Layout und Gestaltung: Christian Albrecht, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg
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