Selektiver Mutismus F94.0
Zitiervorschlag: Rieß, A. (2020). „Selektiver Mutismus“. Abgerufen von Url https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:werkzeug:verhalten:themen:themenfeld5:d06, CC BY-SA 4.0
ICD 10 bzw. 11 |
F94.0 Elektiver Mutismus (heute in der Literatur meist selektiver Mutismus genannt)
Dieser ist durch eine deutliche, emotional bedingte Selektivität des Sprechens und der Kommunikation charakterisiert, so dass das Kind in einigen Situationen spricht und kommuniziert, in anderen definierbaren Situationen jedoch nicht. Diese Störung ist üblicherweise mit besonderen Persönlichkeitsmerkmalen wie Sozialangst, Rückzug, Empfindsamkeit oder Widerstand verbunden. |
Statistik |
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Ursachen und Risikofaktoren |
Es können keine monokausalen Zusammenhänge der einzelnen Risikofaktoren beschrieben werden. Es wird zwischen verursachenden Bedingungen, auslösenden Bedingungen und aufrechterhaltenden Bedingungen unterschieden (Schmidt- Traub 2019)
Biografische Entwicklung
Familiendynamik
Selbst
Individuelle Vorrausetzung
Gesundheit
Weiteres soziales Umfeld
„Im Einzelfall vorhandene Risikofaktoren, die das Kind bereits mit auf die Welt bringt (z.B. erbliche Veranlagung zur Schüchternheit und /oder Schädigungen vor, während oder unmittelbar nach der Geburt) treffen mit ungünstigen Anpassungsstil (z.B. verminderter Aktivität, Schwierigkeiten bei Reizverarbeitung) und mit anderen Stressquellen (z.B. Trennungserfahrungen, verzögerter Stressentwicklung) zusammen. Hinzu kommt, dass die von außen bereitgestellte Unterstützung vielfach unpassend und von den Eltern schwer zu regulieren ist (z.B. Überbehütung und Fernhalten von Anforderungen, die bewältigt werden könnten). Als Folge dieser Entwicklungserfahrung entwickelt das Kind Ängste, seien engen Erfahrungshorizont zu verlassen. Im selektiven Schweigen findet es eine subjektiv sinnvolle Form der Bewältigung, mit der es einerseits die Bindung an das Vertraute absichert, ohne sich andererseits gegenüber dem Umfeld sprachlich öffnen zu müssen.“ (Bahr 2012) |
Komorbidität je nach Quelle |
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Symptome |
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Intervention allgemein |
Therapeutische Ansätze: Die Behandlung/Therapie richtet sich nach der primären Ätiologie. Aufgrund der Gefährdung einer gesamtpersonalen Entwicklungshemmung sollte frühzeitig mit einer Mutismus-spezifischen Therapie begonnen werden, um die Betroffenen in die sprachliche und soziale Gemeinschaft zu (re-)integrieren. Bsp.: Psychiatrische Behandlung; Psychologische Behandlung (Spieltherapie); Sprachtherapeutische Behandlung Verhaltenstherapie in Bezug auf 1. Gedanklicher Ebene, 2. körperlicher Ebene, 3. Verhaltens Ebene
Pädagogische Interventionen:
Achtsam sein und Atmosphäre schaffen:
Emotionale Unterstützung geben:
Kommunikative Zugänge finden:
Vom Stillen zum gesprochenen Dialog:
Körperliche Verkrampfungen lösen:
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Literatur
Bahr, R. (2012). Wenn Kinder schweigen; Redehemmungen verstehen und behandeln Ein Praxisbuch. Patmos Verlag 5. Auflage.
Bahr, R. (2006). Schweigende Kinder verstehen, Kommunikation und Bewältigung beim selektiven Mutismus. 4. Auflage.
Schmidt–Traub, S. (2019). Selektiver Mutismus. Informationen für Betroffene, Angehörige Erzieher, Lehrer und Therapeuten. Hogrefe.
Schmidt- Traub , S. (2017). Kognitive Verhaltenstherapie bei Ängsten im Kindes- und Jugendalter. Ein Leitfaden für die Behandlung von Panikstörung, Agrophobie, spezifische Phobien und Trennungsangst. Hogrefe.
Manfred Grohnfeldt (2007). Mutismus. In: Lexikon der Sprachtherapie. Stuttgart: Kohlhammer.
Beerbom, C.; Netzwerk Schule und Krankheit; Bundesverband Aphasie e. V. (2010). Handreichung Schülerinnen und Schüler mit chronischen Erkrankungen. Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM).