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Unterstützte Kommunikation (UK)

Zitiervorschlag: Gromer, B. (2023). „Unterstützte Kommunikation“. Abgerufen von URL:https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:kommunikation:uk, CC BY-SA 4.0

Was ist Unterstützte Kommunikation (UK)?

Unterstützte Kommunikation (UK) ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das die Erweiterung der kommunikativen Kompetenzen von Menschen mit eingeschränkter, schwer verständlicher bzw. fehlender Lautsprache zum Ziel hat. Konkret geht es im Rahmen der Unterstützen Kommunikation darum, ein multimodales System an Kommunikationsformen zu finden und zu etablieren, das Lautsprache ergänzen oder ersetzen kann. Der im englischen Sprachraum verwendete Begriff „Augmentative and Alternative Communication (AAC)“ verdeutlicht diese beiden Aspekte.

Unter dem Oberbegriff der Unterstützten Kommunikation werden somit alle pädagogischen und therapeutischen Maßnahmen, Strategien und Hilfsmittel verstanden, die es dem oben genannten Personenkreis ermöglicht, Kommunikation zu erweitern und erfolgreich zu gestalten. Die Maßnahmen und Strategien setzen dabei nicht alleine bei der einzelnen Person an, sondern nehmen auch Bezug zum Handeln der Kommunikationspartner:innen und zur Ausgestaltung des Umfeldes (vgl. Scholz/ Stegkemper 2022).

Unterstützte Kommunikation orientiert sich dabei an einem humanistischen Menschenbild und vertritt das Recht eines jeden Menschen auf Selbstbestimmung und Partizipation. Unterstützte Kommunikation geht davon aus, dass jeder Mensch, unabhängig vom Grad möglicher Beeinträchtigungen, ein Bedürfnis nach Kontakt und Kommunikation hat. Ausgehend von den aktuellen Kompetenzen einer Person entwickelt Unterstützte Kommunikation individuelle Maßnahmen für eine bessere Verständigung und mehr Mitbestimmung und Teilhabe im Alltag (vgl. Gesellschaft für Unterstützte Kommunikation, o.A.).

Historisch entwickelt hat sich das Fachgebiet der Unterstützten Kommunikation zunächst im angelsächsischen und skandinavischen Raum in den 60er Jahren, sowie im angloamerikanischen Raum Ende der 70er Jahre als unterschiedliche Einzelströmungen zur unter dem Begriff „AAC“ zusammengefasst wurden. Im deutschsprachigen Raum begann die Entwicklung des Fachgebiets etwa 10 Jahre später und war über lange Zeit eng verknüpft mit den Fachbereichen der Geistig- und Körperbehindertenpädagogik. So entwickelte sich UK zunächst überwiegend als sonderpädagogisches Fachgebiet mit starkem Bezug zum schulischen Kontext (vgl. Nonn 2011; Braun 2003). Heute ist Unterstütze Kommunikation ein interdisziplinär, kooperativ und vernetzt arbeitendes Fachgebiet das alle Lebensbereiche und die gesamte Lebensspanne eines Menschen in den Blick nimmt.


Zielgruppen unterstützter Kommunikation

Zum Personenkreis der Menschen, die Bedarf an Unterstützter Kommunikation haben, zählen Menschen, die…

  • in der aktiven Lautsprache eingeschränkt sind, jedoch keine Beeinträchtigung im Sprachverständnis haben (→ UK als expressives Hilfsmittel).
  • beim Erwerb der Lautsprache Unterstützung benötigen (→ UK als Unterstützung für die Lautsprache).
  • sich voraussichtlich langfristig oder dauerhaft nicht lautsprachlich äußern können und/ oder
  • nicht zuverlässig Wünsche und Bedürfnisse äußern können und die Lautsprache nicht oder nur in einem stark eingeschränkten Umfang verstehen können (→ UK als Ersatzsprache) (vgl. Fornefeld 2008; Tetzchner/ Martinsen, 2000).

Scholz & Stegkemper (2022) verweisen in der Beschreibung der Zielgruppe(n) Unterstützter Kommunikation auf den Begriff „Menschen mit komplexen Kommunikationsbedürfnissen“ (engl.: People with Complex Communication Needs), der die Heterogenität des Personenkreises zu umfassen versucht.


Formen der Unterstützten Kommunikation

In der Unterstützten Kommunikation werden verschiede Kommunikationsformen eingesetzt. Man unterscheidet zwischen:

  • körpereigenen Kommunikationsformen (unaided communication) und
  • körperfremden, hilfsmittelgestützten Kommunikationsformen (aided communication), die wiederum in nichtelektronische und elektronische Kommunikationsformen unterschieden werden (vgl. Nonn et al., 2011).

Unterschiedliche Kommunikationsformen sollen zu einem multimodalen Kommunikationssystem zusammengeführt werden, das mit unterschiedlichen Kommunikationspartner:innen und in unterschiedlichen Situationen erfolgreiche Kommunikation ermöglicht.

Dies können z.B. sein (vgl. Nonn et al., 2011):

  • Mimik, Körperhaltungen und -bewegungen, Tonusveränderungen, Atemfrequenz
  • Blickrichtung und Bewegung der Augen
  • Gesten, Gebärden und Handzeichen
  • Laute und Lautsprache
  • Akustische Signale
  • Dreidimensionale Objekte/ Symbole
  • Abbildungen: Fotos, Zeichnungen, grafische Symbole
  • Schrift
  • Kommunikationstafeln und -bücher
  • Einfache, statische und komplexe, dynamische Kommunikationshilfen

Eine weitere Unterscheidung unterschiedlicher Kommunikationsformen kann im Hinblick auf den Grad der Abhängigkeit von anderen Personen gemacht werden. So unterscheidet man abhängige und unabhängige Kommunikationsformen (vgl. Nonn et al. 2011):

  • Bei abhängigen Kommunikationsformen (dependend communication) ist die unterstützt kommunizierende Person darauf angewiesen, dass eine Partner:in den Inhalt der Mitteilung korrekt interpretiert und in Lautsprache übersetzt. So werden z.B. ausgewählte Bildsymbole von der Partner:in in eine vollständigen Satz überführt (Ko-Konstruktion).
  • Bei unabhängigen Kommunikationsformen ermöglichen in der Regel elektronische Hilfsmittel das selbstständige Formulieren und Aussprechen von Mitteilungen. Ausgewählte Bildsymbole werden vom Gerät durch eine Sprachausgabe in Lautsprache überführt. Durch den Einsatz weiterer Hilfsmittel (z.B. Taster-/ Augensteuerung), können auch motorische Beeinträchtigungen ausgeglichen werden, sodass eine personenunabhängige Kommunikation entsteht.

Ob von einer unterstützt kommunizierenden Person Kommunikation erfolgreich (mit-) gestaltet werden kann, ist allerdings nicht nur von der verwendeten Kommunikationsform abhängig. Gerade die Kommunikationspartner:innen, ihre Einstellungen und kommunikativen Verhaltensweisen sowie die Ausgestaltung und Strukturierung der Kommunikationssituationen haben großen Einfluss auf das Gelingen.


Theoretische Bezugssysteme der Unterstützten Kommunikation

In der Unterstützten Kommunikation kommen interdisziplinär zusammenwirkende wissenschaftliche Disziplinen zum Tragen. Die Sprach- und Kommunikationswissenschaften bilden die Grundlage für die Entwicklung sprachlich-kommunikativer Kompetenzen. Mit Blick auf den Aspekt der Bildung spielen die Erziehungswissenschaften, für soziale und ethische Fragestellungen die Soziologie und Philosophie eine bedeutende Rolle. Auch medizinische, physiologische und psychologische Aspekte gilt es im Rahmen der Unterstützten Kommunikation in den Blick zu nehmen.

In der Praxis begegnet man gegebenenfalls auch einem sehr weit gefassten Verständnis von Unterstützter Kommunikation. So wird z.B. das Nutzen von Visualisierungshilfen (z.B. durch Fotos, Piktogrammen und Symbolsammlungen) oder auch der Einsatz pädagogisch-therapeutischer Konzepte (z.B. TEACCH) als Unterstütze Kommunikation bezeichnet. Hierbei besteht die Gefahr, dass der wesentliche Aspekt der UK, der kommunikative Prozess, in den Hintergrund tritt oder gänzlich außer Acht bleibt (vgl. Scholz/ Stegkemper, 2022). Die Methoden und Maßnahmen der Unterstützten Kommunikation sollten immer daraufhin abzielen, Interaktion zu ermöglichen und Strategien zu vermitteln, die es den Nutzer:innen ermöglichen, kommunikative Situationen aktiv mitzugestalten.


Literatur

Braun, U. (2003). Was ist Unterstütze Kommunikation? In: Isaac (Hrsg.). Handbuch der Unterstützten Kommunikation. Band 1. Karlsruhe: von Loeper, 01.003.001 – 01.005.001

Fornefeld, B. (2008). Menschen mit Komplexer Behinderung. Selbstverständnis und Aufgaben der Behindertenpädagogik. München: Ernst Reinhardt

Gesellschaft für Unterstütze Kommunikation (o.A.). Unterstützte Kommunikation (UK). Abrufbar unter: https://www.gesellschaft-uk.org/ueber-uk.html (31.01.2023)

Nonn, K./ Päßler-van Rey, D./Lell, M./ Engl-Kasper, E.-M. (2011). Unterstütze Kommunikation in der Logopädie. Stuttgart: Georg Thieme

Rothmayr, Angelika (2001). Pädagogik und Unterstützte Kommunikation. Karlsruhe: von Loeper

Scholz, M./ Stegkemper, J.M. (2022). Unterstützte Kommunikation: Grundfragen und Strategien. München: Ernst Reinhardt

Tetzchner, S. v./ Martinsen, H. (2000). Einführung in die Unterstütze Kommunikation. Übersetzt aus dem Norwegischen von Sebastian Vogel. Heidelberg: Winter


Layout und Gestaltung: Christian Albrecht, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg

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