Allgemeine Hinweise zur Planung und Gestaltung von schulischen Bildungs- und Erziehungsangeboten
Zitiervorschlag: Gingelmaier, S., Kopp, S. & Gitschier, L. (2020). „Allgemeine Hinweise zur Planung und Gestaltung von schulischen Bildungs- und Erziehungsangeboten“. Abgerufen von URL: wsd:didaktisierung:hinweise_verhalten, CC BY-SA 4.0
Planung und Gestaltung von schulischen Bildungs- und Erziehungsangeboten (pädagogische, methodisch-didaktische und schulorganisatorische Angebote)
Im Mittelpunkt der pädagogischen Arbeit stehen junge Menschen, die durch ihr Verhalten auf innere und äußere Notlagen verweisen. Ziel individueller Bildungs- und Erziehungsangebote ist es, diese Not mit Hilfe von neuen, korrigierenden Erfahrungen (Gegenerfahrungen), veränderten Zugängen zur Welt und somit auch zu sich aufzuzeigen (vgl. Bleher/ Hoanzl 2018). Ausgangspunkt für die Planung und Gestaltung der individuellen Bildungs- und Erziehungsangebote sind die aus der/den Erklär-Hypothese/n abgeleiteten spezifischen Ziele. Stringent zu diesen werden Bildungs- und Erziehungsangebote kooperativ mit allen am Bildungsprozess beteiligten Personen entwickelt. Diese individuellen Angebote sollen dem jungen Menschen Beziehungs-, Erziehungs- und Lernerfahrungen ermöglichen, so dass innere und äußere Entwicklungsprozesse in Bezug auf das emotionale Erleben und soziale Handeln angestoßen werden. Als grundsätzliche Eckpfeiler der Bildungs- und Erziehungsangebote sind Reflexivität, Respekt, Einfühlung und Wertschätzung zu sehen. Die Ausrichtung richtet sich nach der Emotionsregulations-, Beziehungs-, Arbeits-, Lern-, Teilhabe, Konflikt- und Gruppenfähigkeit der jungen Menschen und ihres Umfeldes aus. Der Planung und Gestaltung der Bildungs- und Erziehungsangebote liegt eine breite präventive Haltung zu Grunde. Dieser präventive Gedanke spiegelt sich auf fünf Ebenen wider:
- in den bewusst gestalteten direkten pädagogischen Interaktionen zwischen den Lehrkräften, der Institution und dem jungen Menschen bzw. einer Gruppe
- sowie gezielt verwendeten Themen und didaktische Methoden, die im Unterricht eingesetzt werden
- im Rahmen ausgewählter (Trainings-) Programme
- im Rahmen professioneller Reflexion (Supervision, Einzelfallanalysen, Hospitation, etc. für die Lehrkräfte) (Feed-Backs, Reflexionsgespräche etc. für die Schüler:innen)
- in strukturellen, organisationalen und rechtlichen Rahmenbedingungen z.B. von Leitung und Verwaltung.
- Auf allen fünf Ebenen können sowohl kurz- als auch langfristige Ziele in den Blick genommen werden.
- Die Gestaltung der Bildungs- und Erziehungsangebote muss, der Komplexität der Bedingungshintergründe des gezeigten Verhaltens entsprechen. Bei einer ganzheitlichen Planung der Bildungs- und Erziehungsangebote sind folgende drei Fragen zu berücksichtigen:
- Was kann analog zu den Erklärhypothesen ursächlich getan werden, damit der junge Mensch das Verhalten zunehmend weniger zeigt und er sich psychosozial stabilisiert?
- Was kann situativ-konkret (deeskalierend und entwicklungsförderlich) getan werden, wenn der junge Mensch problematisches Verhalten zeigt bzw. psychosozial instabil ist?
- Hierbei ist es von großer Wichtigkeit reflexiv zu prüfen, ob das Lehrerhandeln durch Anteile von Scham/Beschämung, Gegenaggression, Rache oder vorschnelle Zuschreibungen geleitet wird. Eine von diesen Anteilen geleitete Reaktion, welche nicht als solche erkannt und bearbeitet wird, steht dem übergeordneten Ziel, entwicklungsförderliche Gegenerfahrungen zu schaffen, konträr gegenüber.
- Darüber hinaus ist zu prüfen, ob die Wahrnehmung und/oder Kognition des jungen Menschen es ihm/ihr ermöglicht, die Situation zu verstehen.
- Was kann getan werden, damit nachhaltige Entwicklung und Stabilisierung stattfindet?
Layout und Gestaltung: Christian Albrecht, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg