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wsd:verhalten:theorien_verhalten:abwehrmechanismen

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wsd:verhalten:theorien_verhalten:abwehrmechanismen [2022/09/12 19:11] Albrecht adminwsd:verhalten:theorien_verhalten:abwehrmechanismen [2023/01/30 11:11] Romina Rauner
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-^Kurzbeschreibung|Das Konzept der Abwehrmechanismen geht auf Anna Freud (1994) zurück. Abwehrmechanismen werden als Schutzmaßnahmen verstanden, die dem Individuum unbewusst durch spezifische Formen des Widerstands dabei helfen, insbesondere das Ich und das Selbst vor bedrohlichen Konflikten zu schützen. Sie sind in diesem Sinne funktional, weil das Ich oder das Selbst diese mentalen Zustände als zu unpassend für das phänomenale Bewusstsein einstuft. Durch einen psychischen Abwehrmechanismus kann sich psychodynamisch verstanden ein bestimmtes mitunter ungewöhnliches oder auffälliges Verhalten aus unbewusstem Ursprung entwickeln. Es gibt eine große Menge an Abwehrmechanismen, die in die Alltagspsychologie übergegangen sind. Die Verdrängung wäre dafür ein Beispiel. \\ Nachfolgend werden einige Abwehrmechanismen in Anlehnung an Schmitt & Altstötter (2010) genauer erklärt: \\ **Verschiebung** \\ Beispiel: Ein Angestellter fühlt sich von seinem Vorgesetzten, der ihn ständig wegen Kleinigkeiten rügt, ungerecht behandelt. Er setzt sich jedoch nicht gegen ihn zur Wehr, sondern kritisiert die Arbeit seines Praktikanten. \\ **Reaktionsbildung oder Verkehrung ins Gegenteil** \\ Beispiel: Eine Person, die viele Vorbehalte gegenüber Migranten hegt, sich aber auf politischer Ebene für ein Verbot rechtsradikaler Parteien stark macht. \\ **Projektion** \\ Beispiel: Eine verheiratete Frau fühlt sich von ihrem Schwager sexuell belästigt, obwohl dieser nichts mit ihr zu tun haben will. Dabei ist es vielmehr so, dass sie sich unbewusst in ihn verliebt hat. Dies kann nicht zugelassen werden, da sie ja verheiratet ist. Ihr eigener sexueller Wunsch wird auf den Schwager projiziert. \\ **Regression** \\ Beispiel: Ein Mann, dessen Computer zum wiederholten Mal streikt, beginnt zu weinen und diesen zu beschimpfen. \\ **Rationalisierung** \\ Rationalisierung ist ein Mechanismus durch den das Subjekt versucht, Verhaltensweisen, Gedanken, Gefühlen, usw., deren wirkliche Motive nicht erkannt werden, eine logische oder moralisch akzeptable Erklärung zu geben. \\ Beispiel: Eine Frau kann genau erklären, warum sie traurig ist und welche Affekttheorien zu ihren Erlebnissen passen, sie hat aber große Schwierigkeiten, traurig zu sein. \\ **Verleugnung** \\ Hier werden bestimmte Aspekte der Realität, die für andere offensichtlich sind, nicht anerkannt, z.B. weil sie sehr komplex, beängstigend und wenig beeinflussbar sind (z.B. eine Pandemie). \\ Beispiel: Verleugnung ist ein häufiger Mechanismus in sogenannten Verschwörungstheorien. Rationale Erklärungen werden als falsch und infiltriert abgetan, es entwickelt sich eine verschobene oftmals irrationale Sicht auf Themen. \\ **Verdrängung** \\ Impulse (z.B. Affekte, Triebe, Konflikte, Zwischenmenschliches) werden verdrängt, d.h. unbewusst gemacht, weil die Inhalte nicht Bewusstseinskonform sind. Sie verlieren aber nicht ihre Energie, sondern evozieren Träume, Fehlleistungen oder Krankheitssymptome. \\ Beispiel: Ein Mann verliebt sich in den Freund seiner besten Freundin, er kann die Verliebtheitsgefühle zu einem Mann aber nicht zulassen, träumt dafür aber häufig sehr real, dass die beiden ein Liebespaar sind. Die Träume beschämen und irritieren ihn, er fängt an, sich seiner Freundin gegenüber seltsam abweisend zu verhalten. Er kann dies aber nicht in einen Zusammenhang mit seinen Gefühlen bringen, da diese verdrängt sind und entwickelt in der Folge morgens häufig starke Kiefergelenksschmerzen.|+^Kurzbeschreibung|Das Konzept der Abwehrmechanismen geht auf Anna Freud (1994) zurück. Abwehrmechanismen werden als Schutzmaßnahmen verstanden, die dem Individuum unbewusst durch spezifische Formen des Widerstands dabei helfen, insbesondere das Ich und das Selbst vor bedrohlichen Konflikten zu schützen. Sie sind in diesem Sinne funktional, weil das Ich oder das Selbst diese mentalen Zustände als zu unpassend für das phänomenale Bewusstsein einstuft. Durch einen psychischen Abwehrmechanismus kann sich psychodynamisch verstanden ein bestimmtes mitunter ungewöhnliches oder auffälliges Verhalten aus unbewusstem Ursprung entwickeln. Es gibt eine große Menge an Abwehrmechanismen, die in die Alltagspsychologie übergegangen sind. Die Verdrängung wäre dafür ein Beispiel. \\ Nachfolgend werden einige Abwehrmechanismen in Anlehnung an Schmitt & Altstötter (2010) genauer erklärt: \\ \\ **Verschiebung** \\ Beispiel: Ein Angestellter fühlt sich von seinem Vorgesetzten, der ihn ständig wegen Kleinigkeiten rügt, ungerecht behandelt. Er setzt sich jedoch nicht gegen ihn zur Wehr, sondern kritisiert die Arbeit seines Praktikanten. \\ \\ **Reaktionsbildung oder Verkehrung ins Gegenteil** \\ Beispiel: Eine Person, die viele Vorbehalte gegenüber Migranten hegt, sich aber auf politischer Ebene für ein Verbot rechtsradikaler Parteien stark macht.\\  \\ **Projektion** \\ Beispiel: Eine verheiratete Frau fühlt sich von ihrem Schwager sexuell belästigt, obwohl dieser nichts mit ihr zu tun haben will. Dabei ist es vielmehr so, dass sie sich unbewusst in ihn verliebt hat. Dies kann nicht zugelassen werden, da sie ja verheiratet ist. Ihr eigener sexueller Wunsch wird auf den Schwager projiziert. \\ \\ **Regression** \\ Beispiel: Ein Mann, dessen Computer zum wiederholten Mal streikt, beginnt zu weinen und diesen zu beschimpfen. \\ \\ **Rationalisierung** \\ Rationalisierung ist ein Mechanismus durch den das Subjekt versucht, Verhaltensweisen, Gedanken, Gefühlen, usw., deren wirkliche Motive nicht erkannt werden, eine logische oder moralisch akzeptable Erklärung zu geben. \\ Beispiel: Eine Frau kann genau erklären, warum sie traurig ist und welche Affekttheorien zu ihren Erlebnissen passen, sie hat aber große Schwierigkeiten, traurig zu sein. \\ **Verleugnung** \\ Hier werden bestimmte Aspekte der Realität, die für andere offensichtlich sind, nicht anerkannt, z.B. weil sie sehr komplex, beängstigend und wenig beeinflussbar sind (z.B. eine Pandemie). \\ Beispiel: Verleugnung ist ein häufiger Mechanismus in sogenannten Verschwörungstheorien. Rationale Erklärungen werden als falsch und infiltriert abgetan, es entwickelt sich eine verschobene oftmals irrationale Sicht auf Themen. \\ **Verdrängung** \\ Impulse (z.B. Affekte, Triebe, Konflikte, Zwischenmenschliches) werden verdrängt, d.h. unbewusst gemacht, weil die Inhalte nicht Bewusstseinskonform sind. Sie verlieren aber nicht ihre Energie, sondern evozieren Träume, Fehlleistungen oder Krankheitssymptome. \\ Beispiel: Ein Mann verliebt sich in den Freund seiner besten Freundin, er kann die Verliebtheitsgefühle zu einem Mann aber nicht zulassen, träumt dafür aber häufig sehr real, dass die beiden ein Liebespaar sind. Die Träume beschämen und irritieren ihn, er fängt an, sich seiner Freundin gegenüber seltsam abweisend zu verhalten. Er kann dies aber nicht in einen Zusammenhang mit seinen Gefühlen bringen, da diese verdrängt sind und entwickelt in der Folge morgens häufig starke Kiefergelenksschmerzen.|
 ^Wie kann die Theorie beim Erklären von Verhalten helfen?|Gerade bei Kindern und Jugendlichen, die dauerhaft auffälliges Verhalten zeigen, ist davon auszugehen, dass sich das Selbst und das Ich aufgrund von zum Teilen widrigsten Lebens- und Beziehungskonstellationen durch (unbewusste) Abwehr und Widerstand schützen müssen.| ^Wie kann die Theorie beim Erklären von Verhalten helfen?|Gerade bei Kindern und Jugendlichen, die dauerhaft auffälliges Verhalten zeigen, ist davon auszugehen, dass sich das Selbst und das Ich aufgrund von zum Teilen widrigsten Lebens- und Beziehungskonstellationen durch (unbewusste) Abwehr und Widerstand schützen müssen.|
 ^Grenzen|Die Bedeutung des Abwehrkonzeptes außerhalb der Psychodynamik ist weiterhin umstritten. Es ist bisher keine ausreichende experimentelle Evidenz vorhanden (vgl. Mertens, 2014, S. 25). Als klinische oder pädagogische Denkfigur kann das Konzept der Abwehrmechanismen aber sehr hilfreich sein, um Verhalten zu verstehen.| ^Grenzen|Die Bedeutung des Abwehrkonzeptes außerhalb der Psychodynamik ist weiterhin umstritten. Es ist bisher keine ausreichende experimentelle Evidenz vorhanden (vgl. Mertens, 2014, S. 25). Als klinische oder pädagogische Denkfigur kann das Konzept der Abwehrmechanismen aber sehr hilfreich sein, um Verhalten zu verstehen.|
wsd/verhalten/theorien_verhalten/abwehrmechanismen.txt · Zuletzt geändert: 2023/01/30 13:09 von Romina Rauner