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Leseflüssigkeit fördern

Zitiervorschlag: Mezger, K. & Stecher, M., (2024). „Leseflüssigkeit fördern“. Abgerufen von URL: https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:didaktisierung:lesefluessigkeit, CC BY-SA 4.0

Wer nicht flüssig lesen kann, arbeitet sich mühsam Wort für Wort durch einen Text und schafft es kaum, Zusammenhänge zu erfassen. Diese Schüler:innen empfinden das Lesen als permanente Anstrengung und Bedrohung — so schließt sich ein Teufelskreis des Nichtlesens. Die Literaturdidaktikerin Cornelia Rosebrock bringt es auf den Punkt: Wer nur unter Anstrengungen lesen kann, für den wird Lesen zum „roten Tuch“ (Rosebrock et al 2021). Und je weniger man liest, desto größer werden die Defizite. Deshalb ist es wichtig, die Lesefähigkeit von Schüler:innen systematisch zu fördern. Denn Schüler:innen, die nicht flüssig lesen lernen, werden Chancen verbaut. Lesen ist eine Schlüsselkompetenz, die viele Lebensbereiche öffnet.

Leseflüssigkeit als Schlüssel zum Leseverständnis

Die Leseflüssigkeit lässt sich im Vierfeldermodell des Schriftspracherwerbs nach Reber der Lesetechnik zuordnen. Sie setzt sich aus vier verschiedenen Teilfähigkeiten zusammen (Rosebrock et al 2021): Automatisierung, Lesegenauigkeit, Lesegeschwindigkeit und Prosodie. Die Schüler:innen müssen all diese Fähigkeiten erlernen, um Leseverstehen entwickeln zu können. Ohne ausreichende Leseflüssigkeit ist keine gesicherte Sinnentnahme möglich.

Zitiervorschlag: „Teilfähigkeiten des flüssigen Lesens“ von Mezger, K. & Stecher, M. (2024), in Anlehnung an Starke Basis (2024). Abgerufen von URL: https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:didaktisierung:lesefluessigkeit

Automatisieren:

Lesegenauigkeit:

Lesegeschwindigkeit:

Prosodie:


Zusammenhang von Leseflüssigkeit und Leseverstehen

Nur wer Texte flüssig lesen kann, hat genügend kognitive Ressourcen im Arbeitsgedächtnis frei für das inhaltliche Verstehen von Texten (Mercator Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache 2019). Das flüssige Lesen stellt somit eine, wenn nicht die wesentliche Grundlage für das Leseverstehen dar.

Zitiervorschlag: „Zusammenhang von Leseflüssigkeit und Leseverstehen“ von Mezger, K. & Stecher, M. (2024), in Anlehnung an Starke Basis (2024).Abgerufen von URL: https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:didaktisierung:lesefluessigkeit


Förderung der Leseflüssigkeit

Flüssiges Lesen muss regelmäßig geübt werden, damit sich der Prozess der Automatisierung einstellen und sich ein Sichtwortschatz aufbauen kann.

Zitiervorschlag: „Förderung der Leseflüssigkeit“, von Mezger, K. & Stecher, M. (2024), in Anlehnung an Starke Basis (2024).Abgerufen von URL: https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:didaktisierung:lesefluessigkeit


Lautleseverfahren zur Förderung der Leseflüssigkeit

Besonders wirksame Methoden zur Förderung der Leseflüssigkeit sind Lautleseverfahren (vgl. BISS 2017, LISUM 2020). Dabei ist der Name Programm: Schüler:innen sollen hier laut vorlesen. Lautleseverfahren setzen hierbei auf eine ganz klare Struktur, die aus folgenden drei Prinzipien besteht:

Mit Wiederholung ist einerseits gemeint, dass die Schüler:innen mehrmals wöchentlich, am besten täglich in festgelegten Lesezeiten, sogenannten Lesebändern, lesen üben. Wiederholung bedeutet andererseits, dass sie die Textabschnitte mehrfach hintereinander vorlesen. Solange, bis sie flüssig gelesen werden können. Dadurch prägen sich die Schüler:innen nach und nach neue Wörter bzw. Wortbestandteile ein, die sie dann auch bei neuen Texten schneller wiedererkennen können. Dabei lesen schwache Leser:innen mit etwas stärkeren Leser:innen, einem Lesemodell, zusammen. Das geschieht entweder gleichzeitig im Chor oder abwechselnd. So können sich die schwächeren Leser:innen an den stärkeren orientieren. Sie lernen, ihre eigene Lesegeschwindigkeit anzupassen und Sätze durch Intonation in sinnvolle semantische Einheiten zu zerlegen. Damit die Schüler:innen den Text auch wirklich verstehen, korrigieren die stärkeren Leser:innen freundlich, aber konsequent jeden Fehler. Auch hier lernen die schwächeren Leser:innen also vom Lesemodell: Sie verstehen es, ihre Fehler zunehmend selbstständig zu korrigieren, und können so mit der Zeit auch unbekannte Texte immer genauer lesen und verstehen. Der große Vorteil von Lautleseverfahren ist es also, dass sich beim lauten Lesen der Leseprozess direkt beobachten und korrigieren lässt. Denn beim leisen Lesen ist ja nicht immer klar, ob die Schüler:innen wirklich lesen. Oder gedanklich eher ganz woanders sind. Entscheidend ist aber: Schüler:innen mögen Lautleseverfahren! Sie arbeiten gerne ohne Erwachsene und machen schnell Fortschritte: Schon beim vierten Durchgang können viele schwache Leser:innen den Text verständlich und fehlerfrei vorlesen. Sie merken selber: Es geht voran! (vgl. BISS 2017)


Literatur

BISS (2017). Gemeinsam fit im Lesen. Lautlese-Tandems im Schulunterricht. Link: https://www.biss-sprachbildung.de/pdf/biss-broschuere-lautlese-tandems.pdf

Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) (2020). Schreibflüssigkeit fördern Link: https://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/fileadmin/bbb/themen/sprachbildung/Lesecurriculum/Lesefluessigkeit/Lesefluessigkeit_Starterpaket_2019.pdf

Mercator Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache (2019). Basiswissen Leseflüssigkeit. Link: https://mercator-institut.uni-koeln.de/sites/mercator/user_upload/PDF/05_Publikationen_und_Material/201124_Basiswissen_Lesefluessigkeit_CC.pdf

Reber, K. (2017). Prävention von Lese- und Rechtschreibstörungen im Unterricht. Systematischer Schriftspracherwerb von Anfang an. München Basel: Ernst Reinhardt Verlag

Rosebrock, C. et al (2021). Leseflüssigkeit fördern. Lautleseverfahren für die Primar- und Sekundarstufe. Stuttgart: Klett-Verlag


Layout und Gestaltung: Christian Albrecht, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg