Zitiervorschlag: Offermann, J. (2020). „Prader-Willi-Syndrom“. Abgerufen von Url https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:werkzeug:verhalten:themen:themenfeld5:d14, CC BY-SA 4.0
ICD 10
bzw. 11 |
Q 87.1 Prader-Willi-Syndrom
Angeborene Fehlbildungssyndrome, die vorwiegend mit Kleinwuchs einhergehen
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Statistik |
Häufigkeit: 1:10000 – 1:15000
Geschlechter in gleicher Häufigkeit
Durchschnittlicher IQ: 65
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Ursachen und Risikofaktoren |
Genetischer Defekt des Chromosoms 15
Chromosom kann nicht vollständig gelesen werden. In 30% der Fälle fehlt die väterliche Information
Verursacht eine fehlende Hormonausschüttung im Hypothalamus
Nicht vorhandene Hormonfreisetzung beeinflusst weitere Drüsenfunktion, wie zum Beispiel die Schilddrüse, die Nebennieren und die Keimdrüsen (Hoden und Eierstöcke).
Biografische Entwicklung
Familiendynamik
Strenge Diätmaßnahme beeinflusst gesamte Familie
Selbstständigkeit stark eingeschränkt
Kommunikation erschwert
Überängstliche Eltern
Bindungsstörung
Reizbarkeit, Wutausbrüche, Streit
Zerstörung von Gegenständen
Unflexibel gegenüber veränderten Tagesabläufen
Selbst
Sehr niedriges Selbstwertgefühl
Eine passive Grundhaltung
Selbstverletzendes Verhalten
Ungeschickt
Frust
Empfinden von Druck
Individuelle Voraussetzung
Gesundheit
(Vor-) schulischer Kontext
Empfinden von Frust, Druck, Enttäuschung
Leistungsversagen
Sozial oft wenig integriert
Peerbeziehung und weiteres soziales Umfeld
Verhalten in der Regel freundlich und distanzlos
Schnelle Stimmungsschwankungen
Sozial häufig isoliert
Fixiert auf einzelne Themen
Bestehen auf eigene Gewohnheiten, Starrköpfigkeit
Fehlende Pubertätsentwicklung
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Komorbidität |
Psychiatrische Erkrankungen (z. B. Essstörung, Aggression)
Adipositas
Aterielle Hypertonie
Hypothyreose
Chronisches Aspirationssyndrom
Gastroösophagealer Reflux
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Symptome |
Folgende Merkmale und Symptome werden häufig beschrieben:
Vorstehende Stirn
Schmale Schläfen
Mandelförmige Augen
Dreieckig aussehender Mund
Geringe Körpergröße
Adipositas
Skoliose
Geschlechtsteil wenig entwickelt
Kleine Hände und Füße
Stille Kinder
Schlafen viel
Wenig Reaktion auf Umwelt
Allgemeine Muskelschwäche
Gelenke können überstreckt werden
Permanentes Bedürfnis nach Nahrung
Schlafapnoe; allgemein gestörtes Schafverhalten
Sprachentwicklung verzögert; Expressive Sprache wenig vielfältig, Sprache ungebremst bei häufigen floskelhaften Wiederholungen
Schnelle Stimmungsschwankungen
Selbstaggressives Verhalten, geringe Schmerzempfindlichkeit
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Intervention allgemein |
Medizinische Intervention:
Therapie mit Wachstumshormonen (Spritzen); Verändert optisches Erscheinungsbild. Nebenwirkung: Verstärkt Skoliose, Blutzuckerspiegel negativ; Verschlechterung der (gestörten) Atmung.
Strenge Ernährung nach Diätplan. 1000kcal/Tag je nach individuellem Bedarf möglich.
Gabe von Sexualhormonen in Pubertät führt häufig zur Zunahme von Aggressionen und psychischer Befindlichkeit.
Therapeutische Intervention:
Pädagogische Intervention
(Gemeinsam) Strategien für eine gelingende soziale Interaktion und positives Verhalten im sozialen Kontext entwickeln.
Ermutigen in sozialen Kontakt zu treten (Vereine, Jugendgruppen, AGs)
Im Unterricht Sinneskanäle vielfältig nutzen. Besonders die häufige Stärke, das Langzeitgedächtnis, gezielt ansprechen.
Antriebsschwäche durch aktive Angebote entgegenwirken.
Längere Sprachsequenzen vermeiden
Schwieriges Verhalten ist oft Ausdruck von physischer und Emotionaler Belastung. Frust, Unsicherheit, Angst oder Überforderung führen zu Aggression und Wutausbrüchen. Regeln, Rituale und feste Abläufe können entgegenwirken.
Familiäre Intervention
Ausreichend Schlaf
Gewichtsüberwachung
Bewegung und Sport
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Literatur
Trost, R. (2015). Vorlesung „Genetische Syndrome bei Menschen mit geistiger Behinderung.“ Pädagogische Hochschule Ludwigsburg, Fakultät für Sonderpädagogik Reutlingen.
Trachsel, Daniel, Corbelli, R. (2018). Schlafstörungen bei Kindern – Pneumologische Aspekte. In: Zeitschrift Paediatrica, Vol. 29, Nr. 3. Genf.
Sarimski, K. (2014). Entwicklungspsychologie genetischer Syndrome. Hogrefe.
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Layout und Gestaltung: Christian Albrecht, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg