ICD 10
bzw. 11 |
F30. Manische Episode: einzelne hypomanische oder manische Episode
F31. Bipolare affektive Störung: wenigstens zwei gegensätzliche Episoden (manisch/ hypomanisch), in denen Stimmung und Aktivitätsniveau des Betroffenen deutlich gestört ist
F32. Depressive Episode: gedrückte Stimmung in leicht, mittelgradig und schwer kategorisierte Verminderung von Antrieb und Aktivität
Die Fähigkeit zu Freude, das Interesse und die Konzentration sind vermindert.
F33. Rezidivierende depressive Störung: wiederholte depressive Episoden
F34. Anhaltende affektive Störungen: anhaltende und meist fluktuierende Stimmungsstörungen, bei denen die Mehrzahl der einzelnen Episoden nicht ausreichend schwer genug sind, um als hypomanische oder auch nur leichte depressive Episoden gelten zu können
F38. Andere affektive Störungen: Restkategorie für Stimmungsstörungen, die die Kriterien der oben genannten Kategorien F30-F34 in Bezug auf Ausprägung und Dauer nicht erfüllen
F39. Nicht näher bezeichnete affektive Störung
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Statistik |
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen
10 – 18% der Menschen in Deutschland werden einmal in ihrem Leben depressiv
An einem beliebigen Tag sind ca. 7% der Deutschen depressiv
Die Hälfte aller Depressionen beginnt vor dem 30. Lebensjahr
Circa 12% der Jungen und 20% der Mädchen werden über die Zeit einmal depressiv
Zu einem beliebigen Messzeitpunkt sind 4% - 8% der Jugendlichen als depressiv einzustufen
Bereits während milder depressiver Phasen besteht ein Suizidrisiko
60% der betroffenen Kinder und Jugendlichen berichten über Suizidgedanken
Suizid ist dritthäufigste Todesursache
10-15% der Menschen mit schwerer Depression sterben durch Suizid
75% der Depressionen treten nach symptomfreien Zeiten wieder auf
Durchschnittlich ist mit sieben bis acht solcher depressiven Phasen zu rechnen
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Ursachen und Risikofaktoren |
Die hier beschriebenen Risikofaktoren gelten in vielen Fällen für die erste Episode. Beim Wiederauftreten einer depressiven Episode gelingt es oftmals nicht, einen unmittelbaren Zusammenhang mit einem belastenden Faktor zu entdecken.
Biografische Entwicklung
Familiendynamik
Selbst
Perfektionismus
Ungünstige Attribuierung von Erfolg und Misserfolg
Erfahrung, dass durch das eigene Tun wenig Veränderung erreicht wird
Harmoniebedürfnis
Individuelle Vorrausetzung
Gesundheit
Ängstlichkeit
Langanhaltende Belastung wie Krankheit
Störung des Gehirnstoffwechsels
Strukturveränderung im Gehirn
Genetischer Aspekt
Chronische Schmerzen
(Vor-) schulischer Kontext
Peerbeziehung
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Komorbidität (je nach Quelle) |
1/3 leidet zusätzlich unter einer Störung des Sozialverhaltens
2/3 treten zusätzliche Sucht- oder Angsterkrankungen auf
1/5 liegt eine Persönlichkeitsentwicklungsstörung vor
Bei Jungen sind Teilleistungsschwächen, Konzentrationsstörungen beobachtbar
Bei Mädchen sind Essstörungen beobachtbar
Missbrauch von Alkohol und Drogen kann zusätzlich vorliegen
Zwangserkrankungen
Körperliche Erkrankung und Depression können sich gegenseitig auslösen
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Symptome |
Allgemein:
Gedrückte Stimmung ohne erkennbaren Auslöser
Allgemeines Desinteresse
Aktivitäten, die sonst gerne gemacht wurden machen keine Freunde mehr
Reduzierung von Gefühlen bis völliges Fehlen von Gefühlen
Änderungen im Schlafrhythmus oder Schlafdauer
Besondere Anlaufschwierigkeiten morgens
Verlangsamte oder reduzierte Bewegung
gesteigerter oder reduzierter Appetit
Ab- oder Zunahme von Gewicht (Mädchen nehmen eher ab, Jungs eher zu)
Motivationslosigkeit
Erschöpfungsgefühl
Geringes Selbstvertrauen
Selbstzweifel
Selbstvorwürfe
Übersteigerte Schuldgefühle
Nachdenken über Tod und Sterben
Gedanken über Selbstmord
Klagen, Jammern, Nörgeln
Harmoniebedürfnis, mangelnde Auseinandersetzungsfähigkeit
Kaum Blickkontakt
Kraftloser Händedruck
Leises, monotones oder seltenes Sprechen
Viel nach unten schauen
Bei Schulkindern im Speziellen:
Darüber reden, traurig zu sein
Suizidgedanken
Sorge, von den Eltern nicht gemocht zu werden
Schulschwierigkeiten
Stilles Verhalten
Häufiges weinen
Ab der Pubertät im Speziellen:
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Intervention allgemein |
Psychotherapie/ Medikation:
Kognitive Verhaltenstherapie (80% Erfolgsquote)
Psychoanalytische Therapie (80% Erfolgsrate)
Bei schwerer Depression wird eine medikamentöse Behandlung vorgeschlagen
Der Erfolg von rein pädagogischen Interventionen bei Depression konnte noch nicht ausreichend nachgewiesen werden
Der Erfolg bei kombinierter Unterstützung aus Therapie und pädagogischen Maßnahmen wurde nachgewiesen.
Sicherheit vermitteln und Beziehung erhalten bzw. aufbauen:
Präsenz zeigen
Das Wissen darum stärken, dass ein Erwachsener Zeit für die Nöte hat
Ernstgemeintes (echtes) Vertrauen in die Fähigkeit der erkranken Person setzen
Echte Entwicklungsmöglichkeiten besprechen
Keine leeren Versprechungen machen
Auslösende Problemlagen lösen oder den Umgang damit modellieren und üben
Auf realistische Hoffnungspunkte aufmerksam machen
Gesprächsbereitschaft:
Interesse an den Gefühlen und Gedanken der Kinder und Jugendlichen zeigen
Intensives Nachfragen der Kinder und Jugendlichen erlauben
Eigene Beobachtungen und Wahrnehmungen thematisieren
Allgemeine Themen ansprechen
Versuchen die Informationen zwischen den Zeilen und jenseits des Ausgesprochenen zu lesen
Gehörtes zusammenfassen und rückmelden
Eigene Interpretation immer wieder hinterfragen
Deutungshoheit über getroffene Aussagen beim Jugendlichen belassen
Kontakt auch in schwierigen Situationen halten
Kontakt immer wieder eigenständig einleiten und halten
Aushalten, dass die Jugendlichen die Kontaktaufnahme würdigen
Vorwürfe aushalten, dass man sich in ihre „Angelegenheiten“ einmische, aushalten
Geduldiges begleiten und keine übersteigernde Erwartung an den Genesungsprozess stellen
Schuldzuweisungen an den Jugendlichen unterlassen
Körperliche Symptome ernst nehmen und nicht negieren
Auf Zusammenhänge zwischen Depression und körperlichen Beschwerden Hinweisen
Tagestruktur gestalten:
Tagesstruktur für die Jugendlichen setzen (kleine, überschaubare, bewältigbare Abschnitte)
Tagesplan visualisieren
Jugendliche anhalten, sich am Tagesplan zu orientieren
Balance zwischen klarer Tagesstruktur und flexiblem Eingehen halten
Aktivierung/ Sozialkontakte:
Unkontrolliertes schonen vermeiden
Schonung und Aktivität planen
Initiative zu Aktivitäten ergreifen, insbesondere dann, wenn es den Jugendlichen schlecht geht
Zu Aktivitäten auffordern, auch wenn sie nicht gleich Freude bereiten
Insbesondere körperliche Aktivitäten sind hilfreich (Serotonin Ausschüttung)
Bei 50% der Patienten erfolgt eine Verbesserung durch regelmäßigen Sport
Verstärkerpläne einsetzten mit Aktivitäten die vor der depressiven Phase Freude bereitet haben
Kontakte zu anderen Jugendlich anbahnen/ aufrechterhalten
Zeit im Freien anbahnen (Licht)
Entspannungstechniken einsetzen
Denkmuster Hinterfragen (Schwarz-Weiß Denken/ Übergeneralisierung):
Gedankengänge die sich in Negativschleifen bewegen unterbrechen
Auf die Negativschleifen hinweisen
Gedanken und Gefühle aufschreiben lassen
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Baierl, M. (2017). Herausforderung Alltag – Praxishandbuch für pädagogische Arbeit mit psychisch gestörte Jugendlichen. Vandenhoek & Ruprecht.
Beerbom, C.; Netzwerk Schule und Krankheit Universität Potsdam, Bundesverband Aphasie e. V. (Aphasie) (2010). Handreichung Schülerinnen und Schüler mit chronischen Erkrankungen. Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM).