Zitiervorschlag: Füssel, J. (2024). „Kommunikation über dreidimensionale Gegenstände.“ Abgerufen von URL:https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:kommunikation:dreidimensional, CC BY-SA 4.0
Bei der Kommunikation über dreidimensionale Gegenstände werden verschiedene Objekte eingesetzt, denen eine bestimmte Bedeutung zugewiesen wurde. Sie dienen als Repräsentant einer bestimmten Tätigkeit, eines Gegenstandes oder eines Sachverhaltes. Im Gegensatz zu flüchtigen Kommunikationsformen wie der Lautsprache oder Gebärden, stellen dreidimensionale Gegenstände ein stabiles Kommunikationsmittel dar, da sie permanent vorhanden sind (Camenisch & Hunsperger 2015).
Als Kommunikationsmittel können die dreidimensionalen Gegenstände zum einen reale Objekte sein, die aus konkreten, für den Menschen mit Behinderung bedeutsamen Situationen stammen (z.B. Reithelm für „reiten“). Sie werden meist im Sinne erster gemeinsamer Zeichen zur Anbahnung eines Symbolverständnisses genutzt. Auch Miniaturen oder Modelle von realen Gegenständen können auf diese Weise eingesetzt werden (z.B. Miniaturpferd für „reiten“). Weiter eignen sich auch Teile von einem realen Gegenstand zur Kommunikation, da sie teilweise eindeutiger wahrnehmbarer sind als Miniaturen (z.B. Fellstück für „reiten“) (Hüning-Meier & Bollmeyer 2012). Auch einem beliebigen Objekt (z.B. gelber Würfel für „reiten“) kann eine bestimmte Bedeutung zugewiesen werden und somit als Kommunikationsmittel eingesetzt werden.
Dreidimensionalen Gegenstände, die in der Kommunikation eingesetzt werden, können multisensorisch wahrnehmbar sein. So sind sie in manchen Fällen nicht nur visuell und taktil erfahrbar, sondern können auch mit einem Geräusch, Geruch oder Geschmack verbunden sein. Sie kommen sowohl bei Menschen mit Sinnesbeeinträchtigung als auch bei Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung zum Einsatz (Lemke-Werner 2012).
Für einen erfolgreichen Einsatz von dreidimensionalen Objekten in der Kommunikation muss das Kind in der Lage sein, Objekte voneinander zu unterscheiden und sollte ein Verständnis entwickeln, dass einem Objekt eine Bedeutung zugeordnet werden kann. Zudem muss es die kognitive Fähigkeit besitzen, sich an die bestimmte Bedeutung zu erinnern (Lemke-Werner 2012).
In Abhängigkeit von den individuellen Voraussetzungen können dreidimensionale Gegenstände auf unterschiedlichen Abstraktionsniveaus zum Einsatz kommen. Zum einen kann die zeitliche und räumliche Distanz zwischen dem Einsatz des Gegenstandes und der Aktivität variieren. Ebenso kann der Gegenstand vom realen Gegenstand bis hin zu einem symbolischen Gegenstand zunehmend abstrahiert werden. Die Entwicklung vom Erkennen, dass ein Objekt einen engen Zusammenhang mit einer bestimmten Aktivität hat bis zu einem gefestigten Symbolverständnis, verläuft dabei fließend (Camenisch & Hunsperger 2015).
Die dreidimensionalen Gegenstände können für eine Aktivität, einen Ort oder eine Person stehen. Je nach Funktion und Einsatz werden sie als Bezugsobjekte, Signalgegenstände, Anzeichen oder Symbole bezeichnet. Der Begriff Symbol kann jedoch missverständlich sein, da der Einsatz von dreidimensionalen Gegenständen in der Kommunikation kein symbolisches Verständnis voraussetzt und als Möglichkeit gesehen werden kann, um dieses zu entwickeln (Camenisch & Hunsperger 2015). So können sie bereits zum Einsatz kommen, wenn sich Kinder und Jugendliche noch nicht sprachlich äußern können oder kein Sprachverständnis besitzen sowie sich nicht über Bilder, Schwarzschrift, Braille oder Gebärden mitteilen können. Andererseits können dreidimensionale Gegenstände auch beim Schrift-Spracherwerb sowie beim Lesenlernen unterstützen, wenn sie als Ergänzung zu anderen Kommunikationsformen wie z.B. Laut- oder Gebärdensprache oder auch zusätzlich zu elektronischen Kommunikationshilfen eingesetzt werden (Lemke-Werner 2012).
Kündigen dreidimensionale Gegenstände eine unmittelbar bevorstehende Handlung an, so spricht man von Signalgegenständen. Diese Funktion von dreidimensionalen Gegenständen kommt besonders in Tages- oder Wochenplänen sowie in Handlungsplänen zum Einsatz (Camenisch & Hunsperger 2015). Als Bezugsobjekte können die dreidimensionalen Gegenstände auch zur aktiven Kommunikation eingesetzt werden, indem eine Auswahl an Gegenständen angeboten wird und die Person durch Greifen nach einem Objekt etwas fordern kann. Sind die Objekte erreichbar im Raum positioniert, wird die Nutzerin und der Nutzer unabhängig von Personen, die eine Auswahl anbieten. So können die Objekte als Wortschatz mit verschiedenen kommunikativen Funktionen zum Einsatz kommen.
Camenisch, A. & Hunsperger, J. (2015). Partizipation ermöglichen mit Hilfe von Bezugsobjekten. In: Blind-Sehbehindert 135 (3)
Hüning-Meier, M. & Pivit, C. (2014). Nichtelektronische Kommunikationshilfen – Eine Einführung. In: ISAAC, von Loeper Verlag (Hrsg.): Handbuch für Unterstützte Kommunikation. Karlsruhe: Von Loeper Verlag
Lemke-Werner, G. (2012). Bezugsobjekte – ein Weg zum besseren Verständnis alltäglicher Zusammenhänge und eine Möglichkeit mit anderen zu kommunizieren. In: Lemke-Werner, G. & Pittroff, H. (Hrsg.): Taubblindheit, Hörsehbehinderung - ein Überblick. Würzburg: Ed. Bentheim
Layout und Gestaltung: Christian Albrecht, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg