Zitiervorschlag: Gromer, B. (2023). „Partner:innenstrategien in der Unterstützten Kommunikation“. Abgerufen von URL: https://wsd-bw.de/doku.php?id=wsd:didaktisierung:partnerstrategien_uk, CC BY-SA 4.0
Ob Kommunikationssituationen als erfolgreich und zufriedenstellend erlebt werden, hängt nicht alleine von den eigenen (kommunikativen) Kompetenzen ab, sondern wird maßgeblich durch Faktoren aus der Umwelt beeinflusst. Dabei spielen die Aspekte „kommunikatives Verhalten“ und „kommunikative Kompetenzen“ der Gesprächspartner:innen eine besondere Rolle. Personen, die unterstützt kommunizieren, sind in besonderem Maße davon abhängig.
Das COCP-Programm (Communicatieve Ontwikkeling van niet-sprekende kinderen en hun Communicatie-Partners; deutsch: “Kommunikative Entwicklung von nicht-sprechenden Kindern und ihre Kommunikationspartner”, Heim/ Jonker, 1997) schlägt zehn sogenannte Partner:innenstrategien vor.
Diese Strategien können Gesprächspartner:innen eine Hilfe sein, um unterstützt kommunizierende Personen für die aktive Kommunikation zu motivieren. Zielperspektive ist es, einen Gesprächsverlauf effektiv und zufriedenstellend gemeinsam auszugestalten (vgl. Heim/ Jonker/ Veen, 2005).
1. Die Umgebung strukturieren
Die Umgebung so einrichten, dass sie zur Kommunikation anregt.
Aktivitäten und Gegenstände auswählen, die den Interessen und dem Alter des Kindes entsprechen.
Die notwendigen Kommunikationshilfsmittel müssen einsatzbereit und für die UK-Nutzer:in so positioniert sein, dass sie spontan genutzt werden können.
Die eigene Sitzposition so wählen, dass man durchgängig gut sichtbar (im Blickfeld) ist.
2. Auf Kommunikationssignale und -anlässe achten
Gewöhnliche Alltagssituationen eignen sich gut, um in Kommunikation mit UK-Nutzer:innen zu kommen.
Zeigt die unterstützt kommunizierende Person im Alltag Reaktionen auf bestimmte Dinge (Personen, Gegenstände, Spielzeug, Bewegungen, Geräusche…), kann dies situativ genutzt werden. Das notwendige Vokabular kann dabei von der Kommunikationspartner:in gemodellt werden (vgl. Punkt 7 – Modelling).
3. Gemeinsame Aufmerksamkeit herstellen
Der Fokus der Gesprächspartner:innen liegt voll und ganz auf der UK-Nutzer:in.
Falls erforderlich, kann vorsichtig die Aufmerksamkeit auf ein Objekt, eine Aktivität oder Person gelenkt werden.
Auf Störungen aus der Umwelt wird nicht eingegangen, ohne die UK-Nutzer:in ebenfalls dafür zu interessieren
4. Kommunikative Intervention ermöglichen
Auf wechselseitige Kommunikation achten.
Der UK nutzenden Person Möglichkeiten bieten zu reagieren, z.B. durch
grüßen, verabschieden,
eine Auswahl treffen lassen,
wechselseitige Spiele („Erst du, dann ich“),
etwas fragen (keine geschlossene Fragen),
eine Bemerkung machen.
5. Kommunikation erwarten, die den Fähigkeiten der UK-Nutzer:in entspricht
Eine Kommunikation erwarten, die zum Niveau der UK Nutzer:in passt.
Deutlich machen (z.B. mit Mimik und Verhalten), dass erwartet wird, dass sich die UK Nutzer:in an der Interaktion beteiligt.
Kommunikation über Inhalte ermöglichen, die das Kind kennt und versteht und die den motorischen und kommunikativen Möglichkeiten des Kindes entsprechen.
6. Das Tempo der Interaktion regulieren
Die Kommunikation muss sich imTempo an die Verarbeitungsgeschwindigkeit und an die motorischen Kompetenzen der UK-Nutzer:innen anpassen.
Es muss daher ausreichend Zeit eingeräumt werden, um reagieren, antworten oder um selbst aktiv werden zu können.
Bewusst Pausen machen, um dem Gegenüber Zeit für eine Reaktion zu geben.
7. Modelling
Nutzer:innen von Unterstützter Kommunikation brauchen sprachliche Vorbilder. Das heißt, sie brauchen Personen, die ebenfalls in derselben Modalität wie die UK Nutzer:in kommunizieren (z.B. mit einem Talker mit Bildsymbolen).
Die sprechenden Kommunikationspartner:innen zeigen durch vormachen, wie man mit dem entsprechenden Hilfsmittel alternativ kommuniziert.
Zum eigenen Sprechen wird parallel die Modalität bzw. dasselbe Hilfsmittel benutzt (z.B. Gebärden, Bildsymbole, Talker etc.).
8. Das Sprachniveau anpassen
Die eigene Sprache muss so angepasst werden, dass das Gegenüber sie gut verstehen kann (z.B. durch einfache Satzkonstruktionen, Reduktion der Inhalte, Verzicht auf Fach- und Bildungssprache).
Allerdings muss genauso darauf geachtet werden, dass die UK nutzende Person nicht sprachlich unterschätzt wird (z.B. durch das Verwenden von Babysprache oder dem (un-) bewussten Verzicht auf eine korrekte Grammatik).
9. Schrittweises Anregen
Es sollten keine überhöhten Erwartungen an die UK Nutzer:in gestellt werden.
Entwicklung braucht Zeit! Es ist daher wichtig ausreichend Zeit zu geben und Geduld zu haben.
Kleine Schritte gehen und gemeinsam schnell erreichbare Erfolge („quick wins“) feiern.
10. Kommunikationsversuche belohnen
Auch „kleinste“ Kommunikationsversuche sollten ernstgenommen und darauf reagiert werden.
So kann gelernt werden, dass das eigene Verhalten beim Gegenüber eine Reaktion auslöst und das eigene Tun Wirkung zeigt.
Heim, M./ Jonker, V./Veen, M. (2005). COCP: Ein Interventionsprogramm für nicht sprechende Personen und ihre Kommunikationspartner. In: Isaac (Hrsg.). Handbuch der Unterstützten Kommunikation. Band 1. Karlsruhe: von Loeper, 01.026.007 - 01.026.015)
Layout und Gestaltung: Christian Albrecht, Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) Baden-Württemberg